Gewalt gegen Frauen

Häusliche Gewalt

„Im Frauenhaus habe ich mein Selbstwertgefühl wieder gefunden, ich musste keine Angst mehr haben vor Schlägen und Demütigungen und konnte endlich wieder ich selbst sein. Wichtig ist auch, dass man nach dem Auszug nicht alleine gelassen wird. Man kann jederzeit wieder anrufen und sich Rat holen.“
Martina, ehemalige Frauenhaus-Bewohnerin

Jede dritte Frau in Deutschland kennt die Erfahrung körperlicher, psychischer und sexualisierter Gewalt. Frauen werden bedroht, geschlagen, gedemütigt und genötigt, nicht wenige erleiden schwerste Misshandlungen oder werden vergewaltigt. Betroffen sind Frauen jeden Alters und jeder sozialen Schicht. 

Nach Angaben der WHO gilt Gewalt, insbesondere häusliche Gewalt, als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen und Kinder.  Über die direkten Verletzungsfolgen der erlittenen Gewalt hinaus, kommt es zu kurz- und langfristigen psychosomatischen und psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Hinzu  kommt, dass das Gesundheitsverhalten negativ beeinflusst werden kann, etwa durch gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen wie Alkohol-, Tabak- und Medikamentenkonsum.

Oft bleiben die gewalttätigen Übergriffe von anderen unbemerkt. Denn viele der betroffenen Frauen schweigen aus Angst oder Scham oder weil sie nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Häufig werden solche Gewalthandlungen aber auch vom Umfeld bagatellisiert oder sogar ignoriert. Außenstehende schweigen, weil sie nicht wissen, wie sie helfen können oder weil sie sich nicht in eine „Privatangelegenheit“ einmischen wollen.

Im Autonomen Frauenhaus Oldenburg finden von Gewalt betroffene Frauen und Kinder Schutz und Unterstützung. Das Angebot umfasst Beratung, Begleitung zu AnwältInnen, ÄrztInnen und Behörden, Vermittlung weiterer Unterstützungsangebote, Hilfe bei der Wohnungssuche u.v.m.

Gewalt ist nicht gleich Gewalt und macht nicht gleich – der Unterstützungsbedarf der Frauenhausbewohnerinnen ist abhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, Schwere und Dauer der erlittenen Gewalt, dem Grad vorausgegangener Isolation und ob sie bereits in Kindheit und Jugend Opfer (sexualisierter) Gewalt waren. 
Die Arbeit des Autonomen Frauenhauses Oldenburg geschieht parteilich für Frauen und ressourcenorientiert, d.h. wir arbeiten ergebnisoffen und orientieren uns an den individuellen Bedürfnissen und Ressourcen der Frauen.


Migrantinnen im Frauenhaus

Ungefähr die Hälfte der Frauenhaus-Bewohnerinnen weist einen Migrationshintergrund auf.  Diese Tatsache ist dem Umstand geschuldet, dass Migrantinnen und insbesondere geflüchtete Frauen häufig über geringere finanzielle Ressourcen und Netzwerke als deutsche Frauen verfügen. Sie haben einen deutlich schlechteren Zugang zum Arbeits- und Wohnungsmarkt: aufgrund ihrer Herkunft und ihres Aufenthaltsstatus erfahren sie Ausgrenzung oder ihre Bildungsabschlüsse werden nicht anerkannt.  

Auch wenn Frauen türkischer oder GUS-Herkunft häufiger von häuslicher Gewalt  betroffen sind als deutsche Frauen, so ist Gewalt gegen Frauen kein besonderes Problem von Einwandererfamilien, geschweige denn muslimischen Einwandererfamilien. Auch die kubanischen, thailändischen und kenianischen Ehefrauen deutscher Ehemänner suchen Zuflucht im Frauenhaus.  Gewalt gegen Frauen ist immer ein Ausdruck männlichen Dominanzverhaltens und männlicher Kontrollgewalt.

Die eher restriktive Anwendung des § 31 Aufenthaltsgesetz  und Wohnsitzauflagen erschweren den Schutz eingewanderter und geflüchteter Frauen vor häuslicher Gewalt.  


Kann Mann sich ändern?

Nicht wenige Frauen sind ambivalent, ob sie sich endgültig trennen oder dem Täter eine weitere Chance geben sollten, wenn dieser verspricht sich zu verändern. Nachhaltige Veränderung passiert nur, wenn die Täter die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich mit ihrem Gewaltverhalten auseinandersetzen - am Besten mit professioneller Hilfe. 
Hier ein 2,5minütiger Erklärfilm der Täterarbeit Niedersachsen zu häuslicher Gewalt und Täterarbeit.


Kosten häuslicher Gewalt

Eine internationale Studie aus dem Jahr 2014 schätzen die wirtschaftlichen Folgekosten von Häuslicher Gewalt weltweit auf rund 8 Billionen Dollar (vgl. Copenhagen Census Center 2014). Diese Summe ist um das 50fache größer als die wirtschaftlichen Kosten von Bürgerkriegen global und zeigt wie unterschätzt der gesellschaftliche Schaden durch häusliche Gewalt gegen Kinder und Frauen ist. Eine deutsche Studie aus dem Jahr 2017 beziffert die (berechenbaren) Folgekosten mit 3,8 Milliarden Euro pro Jahr (vgl. Sacco, 2017). Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern eine gesamtgesellschaftliche Problematik, die als Querschnittsthema behandelt und der entsprechend ressortsübergreifend begegnet werden muss.


Zum Weiterlesen:

BMFSFJ (2019): Mehr Schutz bei häuslicher Gewalt. Information zum Gewaltschutzgesetz. Berlin

Sylvia Sacco (2017): Häusliche Gewalt - Kostenstudie für Deutschland. Gewalt gegen Frauen in (ehemaligen) Partnerschaften. Hamburg.

Copenhagen Census Center (2014): Conflict and Violence Assessment Paper. Benefits and Costs of the Conflict and Violence Targets for the Post-2015 Development Agenda.

Robert Koch Institut (2008): Gesundheitliche Folgen von Gewalt unter besonderer Berücksichtigung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.
www.rki.de

Rosalind Penfold (2006): Und das soll Liebe sein? Geschichte einer bedrohlichen Beziehung. Frankfurt.

BMFSFJ(2004): Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Berlin  www.bmfsfj.de

 
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